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Besteigung der Wildspitze Nordwand
Wildspitze Nordwand August 2003

Eiskurs auf der Braunschweiger Hütte
Ich wollte schon lange vermehrt Hochtouren machen, jedoch fehlten immer noch die nötigen praktischen Kenntnisse in Spaltenbergung und so weiter. Deswegen entschied ich mich, dieses Jahr nun endlich einen Hochtourenkurs zu machen, welchen ich bei meiner Sektion belegte und der dann vom 20.-24. August 2003 mit Stützpunkt auf der Braunschweiger Hütte stattfand.

Um die Schuhe einzulaufen war ich bereits ein paar Tage früher angereist um den Mainzer Höhenweg zu machen, welcher von der Rüsselsheimer zur Braunschweiger Hütte führt, dazu aber mehr in einem anderen Bericht.
Spaltenübung auf dem Karlesferner
Spaltenübung auf dem Karlesferner.
Eisklettern am Spaltenrand
Eisklettern am Spaltenrand.
Da es sich um einen Aufbaukurs handelte, übten wir die ersten zwei Tage neben dem Gehen mit Steigeisen, der Spaltenbergung und dem Sichern in Eisflanken auch das Eisklettern, indem wir ein paar Meter in eine Spalte abgelassen wurden.
Auf dem Bild sieht man mich, wie ich verzweifelt versuche die leicht überhängende Spalte hochzukraxeln :-), womit ich anfangs doch noch ein bißchen überfordert war. Bei weniger stark geneigten Spalten klappte es aber eigentlich gleich zu Anfang ziemlich gut.

Um das Geübte schließlich in die Tat umzusetzen, mußte dann natürlich noch eine hübsche Tour her. Da dieser Sommer als Ausgleich zum vorhergehenden viel zu heiß war und die Gletscher traurigerweise nur so dahinschmolzen, gab es in direkter Umgebung der Braunschweiger Hütte kaum mehr lohnende Tourenziele.
So entschieden wir uns schließlich, die Nordwand der Wildspitze anzugehen, auch wenn es eine ziemliche Mordstour von unserer Hütte werden würde und man schon von weitem sehen konnte, das von der Nordwand leider auch nicht besonders mehr viel übrig war.
4.30 Uhr - Aufbruch zur Wildspitze
Für die lange Tour ging es dann eigentlich erst recht spät gegen 4.30 Uhr los. Viel früher konnten wir aber nicht aufstehen, da wir den Abend zuvor ewig über die geplante Tour beraten haben, noch packen mußten und somit nicht rechtzeitig ins Bett gekommen sind.
Fünf Stunden Schlaf sollten es aber wenigstens schon sein, sonst wäre es uns nachher so gegangen wie mir mal beim Klettern in den Tannheimern, als ich an einem Standplatz kurz einnickte. ;-)

Zunächst ging es von der Hütte aus rund 100 Hm runter zum Mittelbergferner. Die Überquerung war trotz der Stangen, die für die Mittelbergjochbahnbenutzer aufgestellt waren, in der Dunkelheit gar nicht so einfach. Es ging dann noch ein Stück weiter in Richtung Stollenbahn, kurz davor folgten wir dann jedoch der Fallinie eines Skiliftes, die uns schließlich zum Mittelbergjoch brachte, auf dem wir rund drei Stunden nach dem Aufbruch eintrafen.
Morgendämmerung auf dem Mittelbergferner
Morgendämmerung auf dem Mittelbergferner.
7.30 Uhr - Mittelbergjoch (3166 m)
Im Spaltenlabyrinth des Taschachferners
Im Spaltenlabyrinth des Taschachferners.
Vom Mittelbergjoch aus konnten wir dann die Nordwand erstmals von nahem sehen. Wir zweifelten, ob eine Tour dort überhaupt noch möglich ist, der übliche Aufstieg war jedenfalls komplett abgetaut.

Doch zunächst ging es wieder ein paar Höhenmeter zum Taschachferner hinab, durch dessen Labyrinth wir uns erstmal schlängeln mußten, was gar nicht so einfach war, denn durch die langanhaltende warme Witterung waren kaum noch Schneebrücken vorhanden.
11 Uhr - Am Fuß der Nordwand (ca. 3600 m)
Gegen 10.30 Uhr befanden wir uns schließlich auf dem Normalweg unterhalb der Nordwand.
Nun mußten wir uns entscheiden, ob wir die Nordwand angehen sollten oder die Wildspitze über den Nordwestgrat-Normalweg besteigen sollten. Nach reiflicher Überlegung entschieden wir uns, die Nordwand anzugehen, links der Gipfelfallinie müßte es möglich sein, die Randkluft zu überwinden und in die Wand einzusteigen. So ging es weiter zum Einstieg, den wir gegen 11 Uhr erreichten.
Die traurigen Reste der Wildspitze Nordwand im Sommer 2003
Die traurigen Reste der Wildspitze Nordwand im Sommer 2003.
Die erste Seillänge über der Randkluft
Die erste Seillänge über der Randkluft.
Es sollte dann jedoch mehr als zwei Stunden (!) dauern, bis wir die erste Seillänge überwunden hatten.
Durch die lange Wartezeit habe ich in der Nähe des Einstiegs mein "Nordwandsouvenir" gefunden: einen Trekkingstock in gutem Zustand, den ich dann natürlich gleich mal mitnahm. :-)

Das Eis war direkt über der Randkluft nahezu senkrecht und selbst Harald, unser erfahrener Tourenleiter, hatte im Vorstieg doch mit einigen Problemen zu kämpfen. Da nahmen wir, als zweite Seilschaft, seinen Vorschlag natürlich gerne an die erste Seillänge nachzusteigen, was dann natürlich leider auch Zeit kostete.

Ich hatte als letzter beim Nachstieg irgendwie keine Probleme mit der Kletterei und war recht schnell oben, kann aber auch daran liegen, daß die anderen vor mir eine Art "Trampelspur" hinterlassen hatten, die das ganze etwas vereinfachte.
Rechts sieht man übrigens unsere ungefähre Aufstiegsroute, der erste Stand war direkt nach dem ersten Knick, alle weiteren kann ich verständlicherweise nicht mehr genau orten.

Laut Harald hatte das Eis recht gute Qualität, ich konnte das zwangsläufig ja noch nicht so recht beurteilen. Die Geräte griffen eigentlich auch ganz gut, nur zwischendurch kam ein kleines Stück, wo man erstmal ein paar Zentimeter Brösel abschlagen mußte.
Von der Anstrengung her hielt es sich eigentlich in Grenzen, wenn nicht das Freischlagen des Eises für die Eisschrauben gewesen wäre, denn das schlauchte mich doch ziemlich.
Ungefähre Route durch die Nordwand
Ungefähre Route durch die Nordwand.
Thorsten in Action
Thorsten in Action.
Die weiteren Seillängen sollten nun noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Harald, der zusammen mit Edith unterwegs war und alleine vorstieg, war bald verschwunden, da er auf das Setzen von Zwischensicherungen gänzlich verzichtete. Ich fühlte mich als Eis-Anfänger trotz der vergleichsweise harmlosen 50 Grad noch nicht so recht wohl und setzte je Seillänge zwei Zwischensicherungen, denn wenn man mehr als 15 Meter über der letzten Sicherung steht, ist man doch ganz froh, sich wieder wo einklinken zu können.
Das Eindrehen der Eisschrauben dauert bei einem Anfänger natürlich auch noch etwas länger, vorallem wenn man nur relativ schlechte von der Sektion ausgeliehen hat, die einem das Eindrehen auch nicht besonders erleichtern.
Dadurch, daß wir gezwungen waren links der Gipfelfallinie zu klettern, waren natürlich auch deutlich mehr Seillängen zu bewältigen. Unterhalb des überwächteten Grates mußten wir die letzten drei Seillängen zum Gipfel schräg hochqueren. So waren es insgesamt sechs Seillängen und rund 300 Klettermeter (statt den üblichen drei bis vier und 200 Klettermetern).

Doch obwohl die Zeit drängte - es war bereits 16.30 Uhr und wir waren noch in der Wand - genossen wir die Kletterei bei diesem fantastischen Wetter in vollen Zügen, die Aussicht war einfach der Wahnsinn.
Die Aussicht aus der Wand
Die Aussicht aus der Wand.
17.00 Uhr - Endlich, der (Nord-)Gipfel! (3765 m)
Auf dem Nordgipfel - im Hintergrund der Südgipfel und die ehemalige Firnschneide.
Auf dem Nordgipfel - im Hintergrund der Südgipfel und die "ehemalige" Firnschneide.
Viel, viel zu spät erreichten wir schließlich den Gipfel.
Um diese Uhrzeit wollten wir eigentlich schon fast wieder auf der Hütte sein und nun stand uns noch ein langer Abstieg bevor. Verständlicherweise mußten wir leider auf den Spaziergang zum Südgipfel (3770 m) verzichten, der ja eigentlich noch fünf Meter höher ist. Früher war wohl der Nordgipfel höher, der zwischenzeitlich aber auf ca. 3765 m zusammengeschmolzen ist.

Noch schnell ein paar Gipfelfotos gemacht und schon ging es den Nordwestgrat hinunter.
Krampfhaft versuchten wir zwischenzeitlich mittels Handy jemanden auf der Hütte zu erreichen, doch leider hatten wir die Nummer der Hütte nicht dabei und im AV-Führer stand wie immer eine veraltete drin. Die anderen vom Eiskurs hatten sinnvollerweise ihr Handy nicht an und so blieb uns nichts anderes übrig, als jemanden in Deutschland anzurufen, der die Nummer der Hütte ausfindig machte und dort Bescheid gab, daß es uns gut ginge und wir wohl noch eine Weile brauchen würden.
Doch es war wie verhext, irgendwie war niemand zu Hause! Nach etlichen Versuchen erreichte ich dann doch noch einen Kumpel, der alles weitergab.

Auf das Gipfelpanorama muß leider verzichtet werden, daß habe ich vor lauter Zeitdruck ganz vergessen, als Ersatz hier aber eins, das ich auf rund 3500 m unterhalb der Nordwand aufgenommen habe.
Panorama unterhalb der Wildspitze Nordwand
Panorama unterhalb der Wildspitze Nordwand.
Nach dem Abstieg ging es den gleichen Weg wieder zurück. Der Rückweg über den Taschachferner wurde dann nochmal lustig, denn die Schneebrücken waren nun natürlich alle butterweich und das Passieren wurde so recht spannend. Irgendwie schaffte Harald es, dreimal leicht einzubrechen, obwohl ihm "das sonst ja nie passiert" (O-Ton) ;-). Aber auch ich mußte mich einmal mit einem leichten Hechtsprung "retten"..
Nach diesem nochmals nervenaufreibenden Stück mußten die letzten Reserven mobilisiert werden. Erst wieder rund 100 Höhenmeter auf das Mittelbergjoch, dann der ewige Hatscher den Mittelbergferner hinunter Richtung Bahnstation. Das nochmalige Überqueren des Ferners erfolgte dann wieder bei Dunkelheit, aber das waren wir vom Morgen ja schon gewohnt.

Die letzten 100 Höhenmeter zur Hütte war dann der endgültige K.O. für wohl alle Teilnehmer, man hoffte bei jeder Kehre, daß die Hütte gleich auftauchen würde.
Auf dem Rückweg - Abenddämmerung
Auf dem Rückweg - Abenddämmerung.
Vollkommen fertig und um einige Kilo leichter (mir rutschte beim Rückweg dauernd die Hose) erreichten wir schließlich um 22.15 Uhr, nach fast 18 Stunden, die Hütte! Lediglich meine Großglocknertour war mit 18 1/2 Stunden etwas länger, diese hier war konditionell jedoch deutlich anstrengender gewesen.
Die anderen Kursteilnehmer, die eine andere Tour gemacht hatten und bereits auf der Hütte waren, als wir erst auf dem Gipfel eintrafen, hatten es sich zwischenzeitlich bei etlichen Bieren gemütlich gemacht und waren sichtlich froh, daß wir wohlbehalten wieder eingetrudelt waren. Wir bekamen übrigens sogar noch was zu essen, worüber wir sehr froh waren, hatten wir den Tag über uns doch hauptsächlich von Müsliriegeln ernährt.
Fazit
Einerseits war es eine wirklich sehr schöne Tour, aber andererseits muß man natürlich kritisieren, daß die Braunschweiger Hütte als Nordwand-Stützpunkt nicht besonders geeignet ist und die Tour in dieser Form eigentlich nicht sehr sinnvoll war. Gut, daß das Wetter diesen Sommer so stabil war und auch die anderen Teilnehmer konditionell ganz gut drauf waren, sonst hätte es doch schnell problematisch werden können.
Auch wenn ich durch das Felsklettern weiß, daß man oft länger braucht als gedacht, hätte ich mir vorher aber nicht vorstellen können, daß wir für die Kletterei an der Nordwand locker mal sechs Stunden brauchen würden. Aber man lernt ja dazu..


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