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Überschreitung und Umrundung des Großen Krottenkopfes (Allgäuer Alpen)
Aufstieg Nordgrat (AVF 1242) und Abstieg Firnrinne der Nordostwand (AVF 1244)
Vorgeschichte
Mehr als ein Jahr hatten wir, das sind Micha und ich, schon die Idee zu dieser ungewöhnlichen Tour. Ich hatte ursprünglich mal im AV-Führer vom Nordgrat gelesen, und das ganze fing an mich zu interessieren, denn ich war bereits 3 Mal auf dem Großen Krottenkopf - allerdings nur über den Normalweg. Auch kannte ich die Facetten des Berges schon von ziemlich allen Seiten.
Dann fand ich in einem alten Pause-Führer noch eine zusätzliche Beschreibung, und die Idee wurde etwas konkreter. Micha zeigte sich auch begeistert, wobei wir beide uns nicht so ganz sicher waren, ob wir es wagen sollten, schließlich gab es zwei Kletterstellen im III. Schwierigkeitsgrad.
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Der Krottenkopf aus dem Öfner Kar (links die Hermannskarscharte)
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Micha schlug dann noch vor durch die Firnrinne der Nordostwand (zwischen Kleinem und Großem Krottenkopf) abzusteigen, was aber optional ist, da diese fast direkt neben dem Normalweg liegt, über den man ja auch noch absteigen kann.
Am 24.08.2001 waren wir schließlich soweit und nahmen das ganze als Tagestour von Holzgau aus in Angriff, das Wetter war glücklicherweise immer noch spitzenmäßig.
Öfner Kar - Hermannskarscharte - Großer Krottenkopf - Hennenwinkel - Krottenkopfscharte
Der Krottenkopf mit Nordgrat (der Wulst) von Norden gesehen (Kreuzeck, 10/2000)
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Einen Tag nach der Begehung des Augsburger Höhenweges machten wir uns dann auf zum Krottenkopf.
Kurz nach 8 Uhr ging es in Holzgau los und zunächst mußte einmal der mühsame Aufstieg Richtung Kemptner Hütte "erledigt" werden. Als wir gegen 9 Uhr auf der Roßgumpenalm eintrafen war diese noch nicht geöffnet - so eine Frechheit, dabei wollten wir doch eine Milch zum zweiten Frühstück trinken. Nicht sehr geschäftstüchtig diese Leute, denn es kamen schon einige E5-Wanderer von der Kemptner Hütte vorbei, wo sicherlich der ein oder andere auch ein paar Mark Umsatz gebracht hätte.
Weiter ging es zum Mädelejoch, wir sind versehentlich etwas umständlich zum Unteren Mädelejoch aufgestiegen um dann weglos zum Obereren zu queren - es ist vielleicht geschickter gleich aufs Oberere Mädelejoch zu gehen.
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Nach einer Pause ging es gegen 11.30 Uhr Richtung Öfner Kar. Zunächst noch auf dem Weg zum Muttekopf, den man jedoch bald verläßt, sobald man die ersten paar Serpentinen hinter sich gebracht hat. Nun geht es gemütlich weglos zwischen bzw. auf ein paar Moränen weiter in Richtung Scharte.
Am Fuße der Hermannskarscharte kriegt man zunächst mal einen kleinen Schreck: über dieses üble Schotterfeld (ca. 40 Grad) geht es hoch? Zunächst sind wir links auf dem Schneefeld etwas hochgestiegen und dann in den Schotter gequert - es ist zwar nicht toll, aber es geht schon, die Helme haben wir dann aber langsam trotzdem mal aufgesetzt. Kurz vor der Scharte kommt erst noch eine recht enge Rinne, in der schon ein bißchen geklettert werden muß und anschließend steht man in der 2443 m hohen, recht kleinen Hermannskarscharte, die wir gegen 13 Uhr erreichten. Am Einstieg lag übrigens auch (leider) ein Beweis, daß wohl doch noch andere diese Tour machen (wenn wahrscheinlich auch selten).
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Blick hoch zur Hermannskarscharte (aus dem Öfner Kar)
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Kurz vor der Scharte..
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Nach ausführlicher Beratschlagung wo es denn nun langgeht (sieht anfangs etwas gruselig aus, da man vor einer überhängenden Platte steht), geht es dann gleich rechts ausgesetzt in einen kleinen Riß hoch, hier merkt man schon ob man der Tour gewachsen ist oder ob man nicht doch lieber wieder umdrehen sollte.
Wir sind mit leichtem Herzklopfen natürlich weiter, bis zur ersten IIIer-Stelle: hier muß eine Hand in den Riß eines verkeilten Blockes geklemmt werden und mit Füßen in einer Art "Froschstellung" auf Reibung getreten werden - kann aber auch sein, daß ich mich ein bißchen dusselig angestellt habe. Dies ist meiner Ansicht nach die Schlüsselstelle, hier ist auch ein geschlagener Haken, der uns jedoch nichts brachte, da wir ja das ganze solo machten. Leider gibt es von dieser Stelle kein Foto.
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Kurze Zeit später quert man (bequem) ein kleines Stück in die Westwand, wo es dann zur nächsten IIIer-Stelle geht. Hier muß ein Kamin überwunden werden, jedoch ist diese Kletterei weder so ausgesetzt noch so schlecht zu klettern wie die Schlüsselstelle.
Nun hat man es geschafft und kommt endlich auf den eigentlichen Grat, der herrliche Kletterei im II. Grad in bestem Fels aufweist (es gibt wirklich allgäu-untypisch kaum lockere Steine). Gegen 14.15 Uhr kommen wir dann auf dem 2657 m hohen Krottenkopf-Gipfel an, auf dem schon einige Wanderer sind. Es ist meine vierte und Michas zweite Besteigung.
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Kurzes Ausweichen in die Westwand (III)
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Der Grat kurz vor dem Gipfel..
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Auf dem Gipfel..
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Oben am Einstieg zur Rinne
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Living on the edge ;-)
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Kurz vor 15 Uhr geht es dann auch schon weiter, wir haben schließlich noch ein bißchen was zu erledigen, denn wir wollen ja noch eventuell die Firnrinne runter! Zunächst geht es ein paar Meter den Normalweg hinab (ca. 100 Höhenmeter), bis man auf den Kleinen Krottenkopf trifft (der vom Weg aus ja nicht unbedingt sonderlich markant ist).
Direkt nördlich vom Kleinen Krottenkopf findet man dann auch schon die Firnrinne. Im AV-Führer steht, daß die Schneeverhältnisse im oberen Teil über die Schwierigkeit entscheiden, sollte am Einstieg alles weggetaut sein, kann die Rinne ungemütlich werden.
Und runter gehts..
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Da es schon Ende August war (und es keinen Neuschnee in der letzten Zeit gab), hatten wir eigentlich befürchtet, daß kaum noch Schnee in der Rinne ist und ein Abstieg somit eher eine gefährliche Kletterpartie im III. Grad wäre - doch weit gefehlt, die Rinne war von oben bis unten komplett gefüllt - und das in einer Höhe von 2390 bis 2550 m!
Die durchschnittliche Neigung beträgt rund 40 Grad und ein Abfahren kann (bei unseren Verhältnissen) nicht sonderlich empfohlen werden: oberflächlich war der Schnee zwar angetaut, aber im Prinzip bestand die Rinne aus hartgefrorenem Altschnee, der im unteren Teil noch mit Steinen garniert war und knapp 200 Höhenmeter mit 40 Grad hinabsausen kann ziemlich tragisch enden.
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Wenn wir keinen Pickel dabeigehabt hätten (wir waren vermutlich die einzigen an diesem Tag, die in den Allgäuer Alpen einen dabei hatten), hätten wir wahrscheinlich das ganze sicherheitshalber lieber abgeblasen. Steigeisen wären auch nicht schlecht gewesen, wir wären dann sicherlich etwas schneller gewesen, notwendig waren sie aber nicht unbedingt. Doch haben wir nun über eine Stunde für die knapp 200 Höhenmeter der Rinne gebraucht. Bei Neuschnee dürfte das etwas angenehmer sein - wenn keine Lawinengefahr herrscht!
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Die Rinne von unten
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Schließlich haben wir es geschafft und sind gut gelaunt im Hennenwinkel, knapp oberhalb des Hermannskarsees, angekommen. Noch schnell den Krottenkopf umrundet und ein paar Höhenmeter wieder zur Krottenkopfscharte hochgeschraubt - trafen wir gegen 17 Uhr auf selbiger ein. Hier trafen wir nochmal einen Fotografen, der wir bereits vom Gipfel kannten und sich entsprechend viel Zeit gelassen hatte. Aber er wunderte sich wiederum nicht woher wir kamen.
Egal, jetzt geschwind noch die 1000 Höhenmeter runter nach Holzgau - und die Roßgumpenalpe hatte natürlich wieder zu - bereits geschlossen! Na gut, dann eben wieder keine Milch, zurück zum Auto, bei dem wir dann gegen 18.30 Uhr eintrafen.
Doch die nächste Tour wartete schon: mit Rainer und Manfred eine Kletterei in der Nordwand des Gimpels stand für den nächsten Tag an, also schnell ins Auto und los ging es Richtung Tannheimer, doch das ist eine andere Geschichte...
10 Jahre Nordgrat-Tour
Zum 10 jährigen Jubiläum der Tour "Großer Krottenkopf Nordgrat" war ich mal wieder in der Gegend zusammen mit Ulf unterwegs. Wir haben als Tagestour zunächst Öfner- und Krottenspitze unter die Beine genommen und uns anschließend noch den Nordgrat gegönnt. Es war wieder eine herrliche Tour mit ordentlich Höhenmetern, steilem Schotter und schöner Kletterei bis zum III. Grad.
Diesmal habe ich ein paar Aufnahmen mit meiner kleiner Knipse gemacht, die ich euch nicht vorenthalten möchte.
Ulf hat dazu auch einen Tourenbericht verfasst, den ihr hier findet.
Fazit
Sehr interessante, einsame Tour (bis auf den Gipfel und die Strecken, die man auf markierten Wegen zurücklegt), jedoch sollte man schon ne Portion Schwindelfreiheit und Mut mitbringen, man kann den Nordgrat zwar auch sichern, aber es macht keinen Spaß für so ein paar Meter den Kletterkruscht mitzuschleppen.
Pickel ist für die Rinne wirklich zu fast jeder Jahreszeit zu empfehlen, Handschuhe machen auch Sinn (wir hatten leider keine dabei - brrr), Steigeisen können notwendig sein.
Ein bißchen Kondition kann dann schließlich auch nicht schaden: rund 1700 Höhenmeter müssen jeweils im Auf- und Abstieg bewältigt werden, mit Tagesgepäck jedoch gut machbar.
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